Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1919

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1. Januar 1919

Ein Schwein gestohlen wurde in der letzten Nacht in der Pförtenerstraße. Das wertvolle Tier wurde im Stalle abgeschlachtet und die brauchbaren Teile mitgenommen. Die Eingeweide wurden zurückgelassen. Vielleicht kommt man auf die Spuren des Täters, wenn derjenige, dem in diesen Tagen erschleichtes Schweinefleisch zum Kauf angeboten wird, den Mut hat, Anzeige zu erstatten, damit die Herkunft des Fleisches ermittelt wird. - Im allgemeinen sei noch bemerkt, daß in letzter Zeit viel lichtscheues Gesindel umherschleicht und Diebstähle aller Art vollführt. Dringende Vorsicht und feste Verschlusse aller Räume ist notwendig.


3. Januar 1919

Meldepflicht der gewerblichen Verbraucher von Kohle, Koks und Briketts, die einen monatlichen Verbrauch von über 200 Zentner haben. Nach der Bekanntmachung der Ortskohlestelle im heutigen Anzeigenteil haben die genannten Gewerbetreibenden in der Zeit vom 1.  bis 5. Jan. 1919 erneut Meldungen über ihren Kohlenverbrauch und -Bedarf zu erstatten. Da die an die amtlichen Verteilungsstellen einzureichenden Meldekarten häufig an andere Amtsstellen gesandt werden, was zu Irrtümern Veranlassung gibt, wird darauf hingewiesen, daß in § 6 der den Meldekarten beigegebenen Vorschriften die amtlichen Verteilungsstellen, an welche die Meldungen erstattet werden müssen, genau bezeichnet sind.


4. Januar 1919

Stadttheater. Nach langjähriger Pause gelangt am Sonnabend abend  Gerhart Hauptmanns fünfaktiges Schauspiel „Fuhrmann Henschel“ zur Aufführung. Die beiden Hauptrollen dieses spannenden Werkes spielen Frl. Rieber und Herr Ihle. Sonntag sind zwei Vorstellungen. Nachmittags 3 Uhr zu kleinen Preisen „Der Herr Senator, abends 7 Uhr zum fünften Male „Soldat der Marie“. Ein hochinteressantes Gastspiel steht für Mittwoch, den 8.Januar, bevor. Zur Aufführung gelangt Goethes fünfaktiges Schauspiel „Iphigenie auf Tauris „ mit Herrn Hofschauspieler Hilmar Geißler vom Hoftheater in Hannover als Gast in der Rolle des „Thoos“.


5. Januar 1919


7. Januar 1919

(Rechtzeitig ertappt.)In der besten Arbeit gestört wurden 4 Männer, die in der Nacht zum Sonnabend hier bei dem Häusler Roß ein Schwein gestohlen und es in der nahegelegenen herrschaftlichen Heide abgeschlachtet hatten. Der Zufall führte den Sohn des Bestohlenen in später Nachtstunde am Tatort vorüber, wo er das Geschrei des geschlagenen Tieres hörte und sofort aus dem Dorf einige Leute holte, welche die Räuber längere Zeit bei ihrer Tätigkeit beobachteten. Als diese sich anschickten, mit dem wertvollen Fleisch das Weite zu suchen, gab der mitanwesende Förster Benz einen Schuß ab, der die Täter so erschreckte, daß sie ihren Raub fahren ließen und sich in Sicherheit brachten.


8. Januar 1919

Sparsamkeit im Papierverbrauch. Wir weisen auf Anregung der städtischen Verwaltung darauf hin, daß bei allen Schreiben an die städtische Verwaltung halbe Bogen genügen, falls für das betreffende Schreiben nicht mehr Papier erforderlich ist. Schreiben, die im Rathause aufgegeben aber in den am Rathause befindlichen Briefkasten gelegt werden, können des Umschlags entbehren.


10. Januar 1919

In der letzten Sitzung der Naturwissenschaftlichen Vereinigung legte Herr Haudering selbstgezogene Tabake und Körnermaisarten vor. Durch sorgsame Behandlung ist erreicht worden, daß der Gubener Tabak viele der früher eingeführten nordamerikanischen Tabake übertrifft. Trotz der Ungunst des vorjährigen Wetters sind die verschiedenen Körnermaisarten (rumänischer, galizischer, italienischer, kannstätter, österreichischer, , kleinkörniger Mais) gut ausgereift. Am ergiebigsten ist der österreichische Mais. Es sei darauf hingewiesen, daß der Mais nicht unter Bäumen gedeiht und wie eine Hackfrucht behandelt, also 2 bis 3 mal gehackt werden muß, wenn er reichen Körnerersatz zeigen soll. Sodann erläuterte Herr Prof. Strümpfler an einer selbstgefertigten Sonnenuhr das Wesen und die Einrichtung der Sonnenuhren. Am bequemsten sind die waagerechten, am häufigsten in unserer Stadt aber die senkrechten Sonnenuhren an den Häusern, deren Herstellung meist nicht mit der nötigen Sorgfalt geschieht.


12. Januar 1919

(Ein schrecklicher Unglücksfall) ereignete sich in der Boberstraße. Die beiden Kinder des erst aus dem Felde heimgekehrten Buchhalters Hirschmann, ein Knabe von fünf und ein Mädchen von drei Jahren, spielten am Boberrande. Sie fielen in den Fluß und ertranken beide, ehe Rettung gebracht werden konnte. Der angeschwollene Strom riß die Leichen mit sich fort, sodaß sie bis jetzt noch nicht geborgen werden konnten.


17. Januar 1919

Wahlrecht und Wahlpflicht der Frauen. Nach Mitteilungen verschiedener Art besteht die Gefahr, daß bürgerliche Frauen aus Interesselosigkeit oder aus anderen Gründen nicht nur selbst der Wahl fernbleiben, sondern auch ihre Hausangestellten zu verhindern suchen, an der Wahl teilzunehmen. Frauen, die so handeln, versündigen sich auf das gröblichste gegen die eine vaterländische Pflicht. Die Wahlen zur Nationalversammlung entscheiden über die Zukunft des Deutschen Reiches. Leider ist in der bürgerlichen Frauenwelt diese Erkenntnis noch nicht überall hin durchgedrungen. Die sozialdemokratischen Frauen sind seit Jahren durch ihre gewerkschaftlichen Verbände soweit geschult, daß sie wissen, um was es geht und ihr Stimmzettel zu bedeuten hat. Hier wird die Stimme der weiblichen Wähler zweifellos ihre volle Wirkung tun. Vernachlässigen die bürgerlichen Frauen ihre Pflicht, so muß ein Uebergewicht der sozialdemokratischen Stimmen unabwendbar sein. Diese Schuld dürfen die bürgerlichen Frauen nicht auf sich laden. Ihre unbedingte Pflicht ist es, selbst zur Urne zu gehen. Sollten sich Säumige in ihrem Bekanntenkreis oder ihren Hausangestellten befinden, so müssen sie alles tun, um sie zur Ausübung der Wahl anzuhalten. Wer anders handelt, läßt das Vaterland in entscheidungsschwerer Stunde im Stich.


18. Januar 1919

Pflicht aller stellungssuchenden Bürokräfte! Man schreibt uns: Zwecks Verdrängung der weiblichen Bürokräfte, die z. Zt. An  Mannesstatt arbeiten – in Post, Bahn , Bank, kaufm. Instituten, Stadtverwaltung, Spar- und anderen Kassen- ist es erforderlich, eine Statistik der arbeitslosen männlichen Kräfte einzureichen. Der M. und S. Rat Guben hat sich bereit erklärt, dementsprechend vorzugehen. Alle stellensuchenden Männer, wie Buchhalter, Bürohilfskräfte und, Kaufleute sowie jegliche schreibgewande Personen - auch diejenigen, die Inzwischen eine Notstellung angenommen haben, z.B. beim Sicherheitsdienst der Stadt Guben usw.-werden aufgefordert, sich zwecks Aufstellung  einer zahlenmäßigen Statistik beim Arbeitsamt Guben, Schulstraße, unverzüglich zu melden, gleichspiel ob sie Unterstützung beziehen oder nicht. Nur so kann geeignete Büroarbeit nachgewiesen werden.

Brauereiverkauf. Das den Kurzanichen Erben gehörige in der langen Straße gelegene Brauereigrundstück hat der Handelsmann Sichberg von hier für 48000 M käuflich erworben.


20. Januar 1919


21. Januar 1919


22. Januar 1919

Fundgegenstände. In der Zeit vom 15.Dezember 1918 bis 15.Januar 1919 sind nachstehende Fundgegenstände auf der Fundmeldestelle Markt 12 abgegeben worden: 1 Paket mit Papierwaren, 1 Eisernes Kreuz, 1. Kl., Portemonnaies mit Inhalt, 2 schwarze Handtäschchen, 2 Kindermützen, 1 Paar Kinderhandschuhe, 1 Paar Handschuhe, 1 einzelner Handschuh, 1 Brille mit Futteral.


24. Januar 1919

Vorschule des Gymnasiums zu Guben. Die Zahl der Schüleranmeldungen für die Vorschule des Gymnasiums und der Realschule ist so groß, daß weitere Anmeldungen auch für die unterste Vorschulklasse nicht mehr angenommen werden können, da es an Raum mangelt, um eine Teilung von Klasen in der Vorschule vorzunehmen und mehr als je 50 Schüler in den zur Verfügung stehenden Klassenräumen nicht untergebracht werden können. Eltern, die bisher die Anmeldung ihrer Kinder versäumt haben,  müssen diese also zu Ostern einer der hiesigen Volksschulen zuführen.


26. Januar 1919


30. Januar 1919

Der große Bedarf an Arbeitskräften in den Braunkohlewerken der hiesigen Gegend konnte bis jetzt auch noch nicht annähernd gedeckt werden, trotzdem die Werke hohe Löhne zahlen. Während sich in den größeren Städten Massen von Arbeitslosen zusammenballen, herrscht in den Braunkohlewerken der hiesigen Werke der allerempfindlichste Mangel an Arbeitern. So sucht z.B. die Grube „Erika“ bei Schwarzkollm in der Nähe des Lautawerkes  1000 Erd- und Gleisarbeiter für den Tagebau und Abraumbetrieb. Für Verpflegung und Unterkunft hat das der „Ilse“ gehörige Werk alle erforderlichen Maßnahmen getroffen. Der Schichtlohn für achtstündige Arbeitszeit beträgt 9 bis 10 Mark.