Gubener Zeitung

Die Gubener Zeitung, von 1871 bis 1944 kann auf Rollfilm in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Guben eingesehen werden.

1919

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1. November 1919

Unfall. Gestern abend gegen 8:30 Uhr ereignete sich an der Neißebrücke ein Unfall. Der Fuhrwerksbesitzer Karl Hoffmann, Schögelnerstraße 17, überfuhr, anscheinend im schnellen Tempo, die Gleise der Straßenbahn, um in die Straße Am Damm einzubiegen. Es brach das linke Hinterrad und beim Ueberkippen des Wagens wurde H. heruntergeschleudert. Er erlitt schwere Kopfverletzungen, die das Herbeirufen der Sanitätsmannschaften der Feuerwehr zur Hilfeleistung erforderte. Der Verunglückte wurde in das städt. Krankenhaus geschafft.


6. November 1919

(Festnahme eines Hochstabler-Ehepaares.) Der hiesigen Polizei ist es gelungen, durch Festnahme eines Ehepaares die Stadt von zwei Hochstablern zu befreien. Der Schuhmacher Heinrich Hammer betrieb mit seiner Ehefrau bis Juni d. Jr. In Settin ein selbstständiges Geschäft. Durch schlechten Geschäftsgang kamen beide an den Wanderstab. Sie zogen von Stadt zu Stadt und kamen auch nach Sommerfeld: hier hielten sie sich seit dem 29. Oktober in einem Gasthofe auf. Die ersten Tage bezahlten sie pünktlich, während sie die letzten Tage die Rechnung zu begleichen schuldig blieben.

Unter Vorlegung gefälschter Papiere kauften sie dann hier eine Gastwirtschaft, trotzdem sie beide mittellos waren. Nachdem der Kaufvertrag ordnungsgemäß abgeschlossen war, versuchte das Ehepaar, das sich Kossak nannte, auf Grund des Kaufes hier 4000 Mark Vorschuß zu erschwindeln. Wenn es nicht soviel Zinsen - 500 Mark - zu zahlen versprochen hätte, wäre es schließlich in den Besitz des Geldes gekommen; so aber schöpfte man Verdacht. Die benachrichtigte Polizei prüfte die Papiere und inhaftierte das Ehepaar, welches sehr entrüstet war über das Vorgehen der Beamten. Nach längeren leugnen bequemten sich beide, den beigelegten Namen Kossak in Hammer umzuwandeln.


7. November 1919

Zur Postbeförderung während der Verkehrssperre sind wieder zugelassen; Sendungen mit barem Gelde der Bankinstitute, für Volksernährung notwendige Behördenpakete (Lebensmittelkarten usw.), Hefepakete, Kriegsgefangenenpakete in Durchgangslagern.


8. November 1919

Schwerer Unfall. Der Inhaber des Warenhauses James Kirschbaum u. Co. Herr James Kirschbaum bestieg heute vormittag beim Dekorieren eines seiner großen Schaufenster eine kleine Stehleiter. Diese kam ins Rutschen, wobei K. in die Scheibe stürzte, die mit großen Krach gänzlich zerbrach. Mit schweren Rücken – und Armverletzungen mußte K. in ärztliche Behandlung gebracht werden.


9. November 1919

Der Gastwirts-Verein Guben hielt gestern nachmittag im „Hotel goldenes Schiff“ seine November-Versammlung ab. Der Vorsitzende, Herr Gastwirt Schwadke, begrüßte die zahlreich erschienen Teilnehmer und bat die Mitglieder, bei den neuen bevorstehenden Steuern für das Gastwirtsgewerbe besonderes Interesse dem Verein entgegenzubringen und alles, was das Gastwirtsgewerbe bewegt, in den Versammlungen zu besprechen. Zu ersteren wurden die Mitglieder Theod. Zeschke, Herm. Schulz und Goumont, zum Bevollmächtigten Herm. Freund gewählt. Gastwirt Scholz berichtete eingehend über Tabak- und Spielkartensteuer. Er wies auf die ausführlichen Berichte in der Fachpresse über diese Steuer hin und machte darauf aufmerksam, die Vorschriften genau zu beachten, um sich vor Schaden zu bewahren. Im allgemeinen sind selbst die Steuerbehörden noch nicht genau informiert, in welcher Weise die Gesetze zur Ausführung kommen sollen. Die Frage der Bierpreiserhöhung wurde einer eingehenden Erörterung unterzogen. Die Vorstellung bei dem Regierungspräsidenten hat leider kein günstiges Ergebnis gehabt, und es hat den Anschein, daß einstweilen auf eine befriedigende Lösung der Fragen des Bierpreises, Polizeistunde usw. nicht gerechnet werden kann. Bei den örtlichen Preisprüfstellen soll man vorstellig werden und die Notwendigkeit der Preiserhöhungen nachweisen. Das Publikum wird nach Lage der allgemeinen Teuerungs- und Steuerverhältnisse Verständnis für kleine Preisaufschläge haben und die Preisprüfstellen werden sich dieser Einsicht auch nicht verschließen können. Es wurde eine Kommission von 6 Mitgliedern gewählt, die alles weitere veranlassen soll. Die Gründung einer Wareneinkaufsgenossenschaft, die schon mehrfach der Gegenstand eingehender Erörterung war, wurde nochmals durchgesprochen. Es kam zum Ausdruck, sich der Berliner Einkaufsgenossenschaft anzuschließen.

– Aus der letzten Sitzung sei noch mitgeteilt, daß in dieser der Vorstand neugewählt wurde und sich wie folgt zusammensetzt; Wilh. Schwadke 1.Vorsitzende, Max Jurisch Stellv. Vorsitzender, Herm. Freund Schriftführer, Otto Kurzan Stellv. Schriftführer, Karl Thiemann Schatzmeister, Rich. Sievers Stellv. Schatzmeister; Beisitzer; Bodemann, Benge, Fettke. Mertsching, Aug. Scholz, Ballis, D. Schröder. Für seine 23jährige unermüdliche Tätigkeit als Vorsitzender wurde Gastwirt Paul Engelmann, der sein Amt niederlegte, einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt.


12. November 1919

Die neuen 50 Pfennig-Stücke. Seit einigen Tagen ist das erste Geldstück der Deutschen Republik im Umlauf. Das neue 50 Pfennig-Stück ist seit Jahrhunderten die erste deutsche Münze, die ohne Adler und Wappenschild erscheint. In der Form gleicht es dem alten Nickel-Zwanzigpfennig-Stück. Es zeigt auf der Vorderseite eine große 50 und darunter in einem Querbalken in deutscher Fraktur das Wort Pfennig. Ueber dem Balken  umrahmt die Inschrift „Deutsches Reich“ die Zahl. Unter dem Wort Pfennig steht die Jahreszahl 1919. Die Rückseite weicht völlig von dem üblichen Bild ab. Sie zeigt die stilisierte  Wiedergabe einer Aehrengarde Flachrelief, die quer durch die zweizeilige Inschrift „Sich regen bringt Segen“ durchschnitten wird. Dies Geldstück, das das Münzzeichen A trägt (Staatliche Münze Berlin), ist aus einem leichten, sich fettig anfühlenden weißen Metall geprägt. Der Rand ist eingekerbt, wie bei den silbernen 0,5 Mark-Stücken.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        

Feuer. Gestern abend um 10:30 Uhr wurde die Feuerwehr zu einem größerem Kellerbrand nach der Wilkestraße 32 gerufen. In den im Keller aufgestapelten leicht brennbaren Materialien Nahrung findend, hatte der Brand schnell einen größeren Umfang angenommen. Nach 1,5 stündiger Arbeit gelang es der Feuerwehr, den Brand zu löschen.  

Polizeistunde für Wirtschaften. Die Polizeistunde für alle Wirtschaften im Regierungsbezirk Frankfurt a.O. mit Ausnahme derjenigen in den Stadtkreisen, ist, wie der Regierungspräsident im Amtsblatt bekannt gibt,  vom 1.Oktober 1919 ab 10 Uhr abends. Sogenannte Animierkneipen haben nach wie vor um 6 Uhr zu schließen.                                                                                                                                                                                                                                                               


14. November 1919

(Ausgehobenes Falschmünzernest) Die Kriminalpolizei nahm sieben Männer und eine Frau fest, die falsche 50 Mark-Scheine in großen Mengen teils hergestellt, teils im Umlauf gebracht hatten. Bei der Hausdurchsuchung wurden etwa drei Waschkörbe  voll fertiger Scheine im Gesamtwerte  von 1,5 Millionen Mark beschlagnahmt.


16. November 1919

Der Speckdiebstahl, der in der Nacht zum 26.Oktober im Städtischen Lebensmittellager am Werdertor-Turm verübt worden ist und wobei 11 Zentner Speck und mehrere Pakete  Suppeneinlage den Dieben in die Hände fielen, ist trotz der ausgesetzten Belohnung von 3000 M noch immer nicht restlos aufgeklärt. In einem Garten in der Crossener Straße hier sind 60 Pfund Speck vergraben aufgefunden worden. Eine in Verbindung damit vorgenommene Verhaftung konnte nicht aufrecht erhalten werden, da dem Verdächtigten eine Teilnahme an dem Diebstahl nicht nachgewiesen werden konnte. Eine weitere Spur führt nach Forst, wohin der größte Teil des gestohlenen Specks verschoben worden sein soll. Die Forster Polizeiverwaltung setzt die Ermittelungen fort.  


18. November 1919

Eine hochherzige Schenkung hat Kommerzienrat Adolf Wolf dem Tierschutzverein gemacht, indem er 1000 M stiftete, die dem Andenken der verstorbenen Gemahlin des Spenders gewidmet sein sollen. Die Verstorbene war eine warmherzige Förderin des Tierschutzes und war besonders der gefiederten Welt, die uns in Wald und Flur so nützliche Dienste erweist, eine liebevolle, fürsorgliche Freundin. Bei diesem Charakterzug glaubte Herr Kommerzienrat Wolf dem Andenken seiner Gattin nicht besser dienen zu können, als dem Verein die genannte Summe zu überweisen, deren Zinsen für die hungernden Vögel im Winter Verwendung finden sollen. Der Verein wird die Stiftung unter den Namen Helene Wolf – Spende verwalten und mit den Zinsen die treue segenvolle Tierschutzarbeit fortsetzen, die Frau Kommerzienrat Wolf jahrelang ausgeübt hat. In der Fürsorge für die Tiere erkennt man die Herzensgüte der Menschen.                            


19. November 1919

Empfänger postlagernder Pakete treiben mit dieser Art von Postempfang teilweise Mißbrauch. Sie nutzen mehr oder weniger einen großen Teil der Lagerfrist aus, um nicht einen Aufbewahrungsraum unterhalten zu  brauchen. Es scheinen sich unter diesen Postabholern auch solche zu befinden, die die Postpackkammer als sicheres Versteck für Schmugglerwaren benutzen. Um Mißbräuchen zu steuern, werden die Postanstalten vom 1.Dezember ab eine ungebührliche Lagerung nicht mehr gestatten. Wer sich innerhalb der zulässigen Lagerfrist zur Abholung einfindet hat künftig alle für ihn lagernden Sendungen auf einmal in Empfang zu nehmen. Nur bei Nachnahmepaketen bleibt dem Empfänger die 7 tägige Lagerfrist weiter gewährt. Lehnt er die Empfangnahme eines Teiles ab, so wird dieser Teil als verweigert gemäß der Postordnung weiter behandelt. Eine gewisse Nachsicht werden die Postanstalten solchen Empfängern gegenüber bestätigen, denen die Postlagerung ein notwendiges Mittel für ihren Erwerb ist z.B. Hausierern, wenn es sich offensichtlich nicht um Schmugglerwaren handelt.      


22. November 1919